IEA Report: Energy and AI

Die Internationale Energieagentur (IEA) legt mit ihrem Sonderbericht „Energy and AI“ erstmals eine umfassende, datenbasierte Analyse der komplexen Wechselwirkung zwischen KI und Energie vor. Im Zentrum steht die Erkenntnis, dass KI nicht nur neue Anforderungen an unsere Energiesysteme stellt, sondern gleichzeitig enorme Chancen für deren Optimierung bietet.

Herausgeber: IEA, 2025
Englisch

Inhaltsbeschreibung

Die rasante Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) gehört zu den tiefgreifendsten technologischen Wandlungen unserer Zeit – etwa vergleichbar mit der Einführung von Elektrizität. Ob in der Forschung, Industrie, Mobilität oder im alltäglichen Leben: KI rückt zunehmend in den Fokus zentraler Lebensbereiche. Doch so beeindruckend die Fähigkeiten dieser Technologie sind, so klar ist auch: Ohne Energie gibt es keine KI.

Energie als Rückgrat der KI-Revolution

Die explosionsartige Zunahme von Rechenleistung, Datenmengen und Investitionen hat KI in wenigen Jahren von einer akademischen Disziplin zu einem wirtschaftlichen Megatrend mit Billionen-Dollar-Bewertungen gemacht. Doch das Fundament dieser Entwicklung ist ein stabiler, leistungsfähiger und nachhaltiger Zugang zu Strom. Denn KI-Anwendungen, wie das Training großer Sprachmodelle oder der Betrieb autonomer Systeme, sind äußerst energieintensiv. Moderne KI-Rechenzentren verbrauchen so viel Strom wie ganze Städte – ein einzelnes großes Zentrum kann den Bedarf von bis zu zwei Millionen Haushalten erreichen.

Schon heute entfällt etwa 1,5 % des weltweiten Stromverbrauchs auf Rechenzentren, mit stark steigender Tendenz. Bis 2030 könnte sich dieser Verbrauch auf über 945 TWh mehr als verdoppeln – das entspricht dem heutigen Stromverbrauch Japans. Besonders betroffen sind die USA, wo Rechenzentren bereits jetzt für nahezu die Hälfte des prognostizierten Strombedarfswachstums bis 2030 verantwortlich sind. Damit wird der Strombedarf der Datenverarbeitung in Zukunft sogar den der klassischen energieintensiven Industrien wie Stahl, Zement oder Aluminium übertreffen.

Netze unter Druck

Die Integration dieser wachsenden Stromnachfrage in bestehende Infrastrukturen stellt viele Energiemärkte vor große Herausforderungen. In zahlreichen Regionen ist das Stromnetz bereits heute überlastet. Komplexe Genehmigungsverfahren und Engpässe bei der Lieferung zentraler Netzkomponenten wie Transformatoren oder Kabel führen zu jahrelangen Verzögerungen. Infolgedessen sind bis zu 20 % aller geplanten Rechenzentrumsprojekte weltweit von Verspätungen bedroht.

Lösungsansätze existieren – sie sind jedoch noch zu wenig genutzt. Beispielsweise könnten Rechenzentren gezielter in Regionen mit ausreichend Netz- und Erzeugungskapazitäten verlagert werden. Auch eine flexible Steuerung von Serverkapazitäten oder der Einsatz von Notstromanlagen und Batteriespeichern zur Netzunterstützung bieten Potenzial. Regulatorische Anreize für solche netzdienlichen Betriebsweisen fehlen bisher jedoch weitgehend.

Stromversorgung: Ein Mix aus Erneuerbaren, Gas und neuen Technologien

Die IEA prognostiziert, dass ein erheblicher Teil des wachsenden Strombedarfs für Rechenzentren durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann – vorausgesetzt, der Ausbau gelingt schnell genug. Etwa die Hälfte des prognostizierten Mehrverbrauchs bis 2035 soll durch Solar- und Windkraft gedeckt werden, ergänzt durch Speicherlösungen und Netzintegration. Daneben spielen auch flexible und steuerbare Kraftwerke eine Rolle, insbesondere Gaskraftwerke, die vor allem in den USA zum Einsatz kommen werden. In Ländern wie China, Japan und den USA wird zudem mit einem Aufschwung der Kernenergie gerechnet – auch durch die Einführung neuer Technologien wie Small Modular Reactors (SMRs) ab 2030.

KI als Werkzeug für die Energiewende

Während KI erhebliche Anforderungen an das Energiesystem stellt, bietet sie gleichzeitig zahlreiche Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung. Schon heute setzen Energieunternehmen KI ein, um Explorationsprozesse zu optimieren, Wartungsbedarfe vorherzusagen oder Emissionen zu reduzieren. Besonders im Bereich der Stromnetze zeigt sich das Potenzial: KI-basierte Steuerungssysteme können Netzstörungen frühzeitig erkennen, Wartungseinsätze optimieren und erneuerbare Energien besser integrieren. Allein durch intelligente Netzführung könnten bis zu 175 Gigawatt zusätzliche Übertragungskapazität freigesetzt werden – ohne dass neue Leitungen gebaut werden müssten.

Auch in der Industrie, im Gebäudesektor und im Verkehr zeigen sich vielversprechende Anwendungsfälle: Von der automatisierten Produktionssteuerung über smarte Heizungs- und Kühlsysteme bis hin zu optimierten Verkehrsflüssen lassen sich durch den breiten KI-Einsatz Energieeinsparungen erzielen, die den gesamten heutigen Energieverbrauch Mexikos oder den Stromverbrauch von Australien und Neuseeland zusammen übersteigen könnten.

Herausforderungen und Risiken: KI ist kein Selbstläufer

So groß die Potenziale auch sind – sie erschließen sich nicht von selbst. Der Energiesektor steht einer Reihe von Hürden gegenüber: fehlender Zugang zu qualitativ hochwertigen Daten, unzureichende digitale Infrastruktur, Sicherheitsbedenken sowie ein Mangel an Fachkräften mit KI-Kompetenz. Die IEA weist darauf hin, dass der Anteil von Mitarbeitenden mit KI-Expertise im Energiesektor deutlich hinter anderen Branchen zurückliegt.

Zudem steigen durch KI auch gewisse Sicherheitsrisiken. Die Zahl und Komplexität von Cyberangriffen auf Energieinfrastrukturen haben sich in den letzten Jahren vervielfacht – häufig unter Einsatz von KI. Gleichzeitig kann KI zur Stärkung der Resilienz beitragen: Intelligente Sensorik und Satellitentechnologie ermöglichen die frühzeitige Erkennung physischer Bedrohungen, etwa durch Naturkatastrophen oder Sabotage.

Auch in Bezug auf die Klimawirkung mahnt die IEA zur Differenzierung: Zwar steigt der CO₂-Ausstoß durch Rechenzentren bis 2035 von heute 180 auf bis zu 500 Millionen Tonnen – das bleibt jedoch unter 1,5 % der gesamten energiebedingten Emissionen. Zugleich könnten breit eingesetzte KI-Lösungen Energieeinsparungen ermöglichen, die Emissionen in deutlich größerem Umfang vermeiden – wenn auch nicht genug, um allein das Klima zu retten.

Fazit: Die Zukunft von KI ist eng mit der Zukunft der Energie verknüpft

Der Bericht der IEA macht deutlich: KI und Energie sind zwei Seiten derselben Medaille. Ohne eine stabile und nachhaltige Energieversorgung kann das Potenzial der Künstlichen Intelligenz nicht ausgeschöpft werden. Gleichzeitig kann KI einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, unsere Energiesysteme effizienter, widerstandsfähiger und klimafreundlicher zu gestalten.

Der Schlüssel liegt in frühzeitiger, koordinierter und mutiger Politik. Nur wenn Tech-Branche, Energieunternehmen und Regierungen gemeinsam handeln, kann die digitale Transformation gelingen – zum Vorteil von Gesellschaft, Wirtschaft und Klima.

Angesichts der doppelten Rolle von KI als Herausforderung und Chance gehen folgende Empfehlungen aus dem IEA-Bericht hervor:

  • Netzinfrastruktur modernisieren: Stromnetzinfrastruktur Ausbau beschleunigen und Engpässe bei Netzanschlüssen und Genehmigungsverfahren beheben.
  • Stromversorgung diversifizieren: steigender Strombedarf vorrangig durch erneuerbare Energiequellen decken, aber mit flexiblen Quellen wie Gas, Kernkraft und Geothermie ergänzen.
  • Effizienzsteigerung durch KI nutzen: KI gezielt zur Optimierung von Energieversorgung, Netzen und Verbrauch nutzen und Prozesse optimieren.
  • Internationale Kooperation vertiefen: Internationale Zusammenarbeit zwischen Staaten, Energieversorgern und Technologieunternehmen vertiefen, um Lieferketten für Rohstoffe zu sichern.

Zum IEA-Bericht "Energy and AI" (2025)