GAP-Analyse: CCUS-Technologien Österreich

Der Bericht bewertet bestehende Entwicklungen systematisch und macht Lücken zwischen dem Stand der Technik, den regulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den praktischen Umsetzungsoptionen sichtbar.

Bibliographische Daten

Schriftenreihe 80/2025
Philipp Korntner, Arthur Oehler, Bernhard Windsperger, Andreas Windsperger
Herausgeber: BMIMI
Deutsch, 118 Seiten

Inhaltsbeschreibung

Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS) gewinnt im europäischen und internationalen Kontext zunehmend an Bedeutung, da es als eine von wenigen technologischen Optionen gilt, schwer vermeidbare Emissionen zu mindern und in längerfristigen Klimastrategien auch negative Emissionen zu ermöglichen. Für Österreich ergeben sich spezifische Chancen und Herausforderungen aus der industriellen Struktur mit hohen prozessbedingten Emissionen etwa in der Stahl- und Zementindustrie, aus dem hohen Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor sowie aus einer stark ausgeprägten biobasierten Industrie. CCUS wird in dieser Analyse in die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen der Europäischen Union eingeordnet, die durch Instrumente wie den Net-Zero Industry Act, den EU-Emissionshandel und das Carbon Removal Certification Framework geprägt sind. Diese Vorgaben schaffen sowohl neue Anreize als auch Unsicherheiten für die Umsetzung von Projekten in Österreich.

Die GAP-Analyse verfolgt das Ziel, bestehende Entwicklungen systematisch zu bewerten und Lücken zwischen dem Stand der Technik, den regulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den praktischen Umsetzungsoptionen sichtbar zu machen. In diesem Fall wurden verschiedene Technologien betrachtet, die von punktquellenbasierter CO₂-Abscheidung über Direct Air Capture bis hin zu biogenen Verfahren wie BECCS oder Pyrolyse reichen. Ergänzt wird dies durch Pfade der CO₂-Nutzung in Chemikalien oder synthetischen Kraftstoffen sowie durch Speicheroptionen im europäischen Kontext. Auch regulatorische Vorgaben, Finanzierungsmechanismen und Infrastrukturanforderungen wurden in die Analyse einbezogen. Ein wichtiger Bestandteil ist zudem die Darstellung von Best-Practice-Beispielen, etwa internationale Pilot- und Demonstrationsprojekte, die zeigen, wie technische, organisatorische und rechtliche Hürden in anderen Ländern eine Rolle spielen. Solche Beispiele sind für Österreich von Bedeutung, um eigene Handlungsspielräume und Kooperationsmöglichkeiten im europäischen Rahmen besser einschätzen zu können.

Die Chancen liegen insbesondere in der Möglichkeit, unvermeidbare Restemissionen in energieintensiven Sektoren zu verringern, Kohlenstoffflüsse in Kreisläufen zu führen, zusätzliche Wertschöpfung durch CO₂-basierte Produkte und Märkte zu schaffen und so die industrielle Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stützen. Technologische Ansätze wie Bioenergie mit CO₂-Abscheidung und Speicherung (BECCS), direkte CO₂-Abscheidung aus der Luft mit geologischer Speicherung (DACCS), Pyrolyseverfahren oder CO₂-basierte Synthesewege in der Chemie und bei Kraftstoffen stehen hier stellvertretend für eine breite Palette möglicher Pfade. Ihr Potenzial liegt nicht nur in der Emissionsminderung, sondern auch in der Verbindung mit bestehenden Stärken der österreichischen Industrie und der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien.

Gleichzeitig bestehen erhebliche Hemmnisse. Dazu zählen hohe spezifische Kosten vieler Verfahren, erheblicher zusätzlicher Energiebedarf, die noch unzureichende Infrastruktur für Transport und Speicherung von CO₂ sowie regulatorische Einschränkungen, etwa das nationale Verbot der geologischen Speicherung. Ergänzt werden diese durch Unsicherheiten bei Marktmechanismen, fehlende langfristige Geschäftsmodelle, Investitionsrisiken sowie Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz. Diese Faktoren erschweren den Übergang von Pilot- und Demonstrationsprojekten in eine breite industrielle Umsetzung.

Die GAP-Analyse verdeutlicht, dass für eine erfolgreiche Implementierung in Österreich mehrere Lücken geschlossen werden müssen. Auf technologischer Ebene bestehen Defizite bei Effizienz und Skalierbarkeit. Ökonomisch ist eine Diskrepanz zwischen den Kosten von Abscheidung, Nutzung oder Speicherung und den derzeitigen Preisen im Emissionshandelssystem erkennbar, was ohne zusätzliche Fördermechanismen eine großtechnische Umsetzung hemmt. Regulatorisch sind fehlende Verknüpfungen zwischen neuen Zertifizierungssystemen und bestehenden Märkten sowie nationale Beschränkungen von Relevanz. Infrastrukturell fehlen Pipeline- und Speicherlösungen, die eine Einbindung in europäische Netze ermöglichen würden.

CCUS eröffnet erhebliche Chancen zur Erreichung der Klimaneutralität und zur Transformation von Industrieprozessen, stößt jedoch auf substanzielle Barrieren. Die Einbindung internationaler Best-Practice-Beispiele zeigt, dass technologische, ökonomische und regulatorische Herausforderungen lösbar sind, wenn geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden. Für Österreich ist daher entscheidend, durch koordinierte europäische und nationale Strategien, gezielte Förder- und Investitionsanreize sowie durch internationale Kooperationen einen Rahmen zu schaffen, der eine schrittweise Schließung der bestehenden Lücken ermöglicht. Nur so kann sich das volle Potenzial von CCUS entfalten und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und die Glaubwürdigkeit der Klimaziele langfristig gesichert werden.

Downloads